Die Wartungen von Großwälzlagern im Offshore-Bereich kann kostspielig sein oder zu hohen Ausfallzeiten führen. Zustandsüberwachungssysteme helfen dabei, Probleme frühzeitig zu erkennen und Schäden sowie Ausfälle zu vermeiden
thyssenkrupp rothe erde setzt dabei auf die Weiterentwicklung des eigenen Condition Monitoring Systems. Damit kann die Wartung von Großwälzlagern bei schwer zugänglichen Anwendungen digital erfolgen. Wir haben Dr. Gunther Elfert, technischer Projektleiter und Gideon Eichner, kaufmännischer Projektleiter von thyssenkrupp rothe erde gefragt, wie dieses weiterentwickelte System heute die Anforderungen der Industrie 4.0 erfüllt und installierte Großwälzlager auch vom Büro aus einsehbar macht.
Gideon Eichner: Begonnen hat das Thema Condition Monitoring für thyssenkrupp rothe erde bereits in den 80er Jahren. Das war zu diesem Zeitpunkt ein Thema im Bereich der Offshore-Krane. Es gab und gibt noch immer von der Prüfgesellschaft DNVGL (internationale Klassifikationsgesellschaft für Ingenieursleistungen und Technologien) strenge Auflagen, um die Sicherheit dieser Anlagen zu gewährleisten. Sofern keine andere Möglichkeit besteht, das Lager entsprechend zu überprüfen, müssen bis zum heutigen Tag das Großwälzlager geöffnet und die Laufbahn auf Schäden untersucht werden.
Dies bedeutet für unsere Kunden und Kundinnen einen enormen Aufwand. Unsere Kollegen und Kolleginnen haben sich damals überlegt, wie thyssenkrupp rothe erde dieser Herausforderung begegnen kann. Die Lösung ist unser zertifiziertes ECMS® System. Mit dem ECMS® können wir unserer Kundschaft eine optimierte Zustandsüberprüfung ohne Demontage und Öffnung des Lagers anbieten. Der Mehrwert für unsere Kunden und Kundinnen sind planbarere Wartungsintervalle und eine höhere Verfügbarkeit der Anlage bei gleicher, maximaler Sicherheit.
Gideon Eichner: ECMS® ist die Abkürzung für Eddie Current Measurement System. Man kann sagen, dass es ein elektrisches Verfahren mittels Wirbelstrom zur kontaktlosen Werkstoffprüfung ist. Das System ist in unserem Fall ein mit Sensoren bestücktes Element, welches im Normalbetrieb inaktiv im Großwälzlager mitläuft. Soll eine Untersuchung erfolgen, stößt ein/e Service-Mitarbeiter:in mittels externer Energieeinspeisung in einem Rundlauf die Sensorik und Datenübertragung an.
Das ECMS® kann dabei die Laufbahnen und Übergangsradien auf mögliche Schäden, wie z. B. Verschleiß, Pittings und Risse untersuchen. Je nach Konfiguration können dann verschiedene Daten daraus gewonnen werden, die nach einer Analyse durch thyssenkrupp rothe erde Auskunft über den Zustand des Großwälzlagers zulassen. Das analoge System wird nun gemäß der Anforderungen des digitalen Zeitalters auf den neusten Stand gebracht.
Dr. Gunther Elfert: Neben dem ECMS-System bieten wir mit dem Integrated Wear Measurement-System (IWM) seit Jahren ein weiteres, bewährtes System zur Überwachung von Großwälzlagern an. Auch das IWM-System wurde grundlegend überarbeitet. Neben einer digitalen Plattform hat es zudem einen neuen Namen bekommen: rothe erde® Integrated Condition Monitoring oder kurz ICM®.
Das ICM®-System kann mittels verschiedener Sensoren z. B. den Verschleiß des Lagers, das Bewegungsprofil, die Temperaturen usw. aufzuzeichnen und in Echtzeit lokal analysieren. Daneben können die Daten über vielfältige Schnittstellen wie WLAN oder Bluetooth zur Verfügung gestellt werden. So kann der Kunde / die Kundin rechtzeitig über eine fällige Wartung bzw. Inspektion des Lagers informiert werden.
Eine weitere Entwicklung ist der rothe erde® Smart Roller. Dahinter verbirgt sich eine mit Messtechnik ausgestattete Rolle, die in die Wälzkörperkette integriert wird und beispielsweise direkte Lastdaten und Lastverteilungen aus einem sich kontinuierlich drehenden Lager sendet.
Generell ist die Weiterentwicklung unserer Lösungen im Bereich Condition Monitoring sehr stark getrieben von den Themen Digitalisierung und Industrie 4.0. Diese eröffnen uns neue Möglichkeiten von der Entwicklung intelligenter Lager bis hin zu vernetzten, cloudbasierten Systemen für die kontinuierliche Zustandsüberwachung von Großwälzlagern.
Unsere cloudbasierte CMS-Lösung bietet den Vorteil, dass unsere Kundschaft weltweit jederzeit auf die Daten zugreifen können. Sozusagen ein Smart-Bearing-Konzept, vergleichbar mit dem Smart-Home-Konzept. Über ein Cockpit kann sich der Kunde / die Kundin über den Zustand seiner sämtlichen Lager informieren, egal ob vom Büro oder vom heimischen Sofa aus. Ergänzend bieten wir auch umfangreiche Analysen, ein Reporting sowie weitere Services.
Gideon Eichner: Ja, ein Beispiel sind die Offshore-Windturbinen. Der Betreiber von Offshore-Windparks möchte möglichst nicht jedes Mal auf See rausfahren, um den Zustand einzelner Komponenten in seinen Turbinen zu überwachen. Das passiert bereits heute aus der Ferne durch sehr intelligente Überwachungstechnik. Hier fügt sich die rothe erde® Smart Roller Technologie nahtlos ein und bietet damit die Möglichkeit, mit dem Hauptlager der Windturbine eine wesentliche Komponente zu überwachen.
Ein weiterer Anwendungsfall unseres ICM® Systems ist die Gewinnungstechnik, z. B. ein Großbagger in Minen. Neben der Positionsmessung ist es für den Betreiber / die Betreiberin besonders wichtig, den aktuellen Zustand des Großwälzlagers zu kennen und seine Maschine optimal nutzen zu können.
In der Vergangenheit wurden Produkte in der Windindustrie über mehrere Monate, teilweise sogar Jahre auf Testständen auf Herz und Nieren geprüft. Mit dem rothe erde® Smart Roller sind wir nun in der Lage, die Entwicklung eines neuen Lagers für unsere Windkunden deutlich zu verkürzen. Daneben können wir mit den gewonnenen Daten unsere aufwändigen Berechnungen zur Auslegung des Lagers unterstützen und durch reale Werte untermauern. Das schafft Vertrauen bei unserer Kundschaft!
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