Zum ersten Mal in Deutschland wurde Anfang Juni ein Industriewerk direkt an einen Windpark angeschlossen. Das Walzwerk von thyssenkrupp Hohenlimburg wird künftig im Jahresdurchschnitt zu 40 % mit Strom aus erneuerbaren Quellen versorgt. Der Strombedarf des Werks liegt bei 110 Gigawattstunden pro Jahr, was ungefähr 80 Prozent des Strombedarfs der benachbarten Stadt Iserlohn entspricht. Das Grünstromprojekt bei thyssenkrupp Hohenlimburg hat dabei Vorbildcharakter: Es hat das Potenzial, bereits in einem ersten Schritt 11 Prozent der CO2-Emissionen des Standortes einzusparen und kann weiter ausgebaut werden. Für den effizienten und sicheren Betrieb der vier Windenergieanlagen sorgen unter anderem auch Lager von Rothe Erde.
„Die Dekarbonisierung der Industrie ist von zunehmender und zentraler Bedeutung, um die Klimaziele zu erreichen und eines der Schlüsselprojekte im Rahmen des Klimaschutzes. Wir sind stolz, dass wir mit unseren Lösungen und Komponenten einen Beitrag leisten können“, erklärt Jörg Esken, Account Manager bei Rothe Erde. Die vier Windräder vom Typ Enercon E-138 mit einer Höhe von rund 160 Metern haben einen Rotordurchmesser von 138 Metern. „Die Großwälzlager von Rothe Erde kommen als Azimut-Lager, zwischen Turm und Gondel, sowie als Hauptlager hinter der Nabe zum Einsatz. An der Gondel sorgen sie neben einem sicheren Halt für eine optimale Windausbeute und damit einen höchstmöglichen Energieertrag“, so Jörg Esken. Hierzu wird die Gondel den jeweiligen Verhältnissen angepasst und optimal dem Wind nachgeführt. Zum Einsatz kommt an dieser Stelle ein zweireihiges Vierpunktlager mit einem Außendurchmesser von gut 3,5 Metern.
Höchste Effizienz auch bei hohen Belastungen
Zusätzlich befindet sich das Hauptlager direkt hinter der Nabe und verbindet diese mit der Gondel und dem Generator. „Dieses Lager ist im Dauerbetrieb und muss bei jeder Umdrehung der Windenergieanlage hohe Lasten kompensieren. Hier ist es außerdem wichtig, dass sich das Lager möglichst ‚reibungslos‘ dreht und so die Energie aus dem Wind möglichst verlustarm an den Generator, der den Strom erzeugt, weitergibt.“ Hier ist ein so genanntes TRB-TRB Lager-Set verbaut. Dieses besteht aus zwei Kegelrollenlagern (engl. Tapered Roller Bearing) in O-Anordnung, von denen das eine an der Nabe, das zweite direkt vor dem Generator verbaut wird. Das spart Platz in der ohnehin engen Gondel und sorgt in dieser speziellen Anordnung für hohe Belastbarkeit.
55 Millionen Kilowattstunden pro Jahr
Über eine rund drei Kilometer lange Direktleitung sind die vier Windenergieanlagen mit dem Werksnetz von thyssenkrupp Hohenlimburg verbunden. So kann der Großteil der über 55 Millionen Kilowattstunden, die der Windpark pro Jahr erzeugt, direkt genutzt werden, ohne das öffentliche Netz in Anspruch zu nehmen. Lediglich Überschussmengen, die zum Beispiel bei starkem Wind oder geringerem Bedarf des Werkes anfallen, werden über das öffentliche Netz an andere Standorte des Konzerns geliefert. „Das Hohenlimburger Projekt hat absoluten Pilotcharakter. Die Direktlieferung von Windpark zu Industriewerk ist die effizienteste Art, neue Energie und Industrie zusammenzubringen“, erklärt Klaus Schulze Langenhorst, Gründer und Geschäftsführer der SL NaturEnergie, die die Anlage betreibt.
thyssenkrupp Hohenlimburg produziert mit rund 1.000 Mitarbeitenden das warmgewalzte, so genannte Hohenlimburger Mittelband. Kund:innen sind vor allem die Kaltwalzindustrie, die Automobil- und die Zulieferindustrie, zudem die Sägeindustrie und der Landmaschinenbau. Der Wechsel zu Grünstrom aus Windenergieanlagen ist für das Traditionsunternehmen ein echter Meilenstein: „Bereits mit dem Grünstrom aus den ersten vier Windrädern können wir im Jahresdurchschnitt 40 Prozent unseres gleichzeitigen Strombedarf decken“, erläutert André Matusczyk, Geschäftsführer der thyssenkrupp Hohenlimburg GmbH und ergänzt: „Wir sparen damit in erheblichem Umfang Netzentgelte und entlasten durch die Direktanbindung das öffentliche Stromnetz. Wir gehen mit diesem Kooperationsprojekt neue Wege, um unseren Standort langfristig nachhaltig aufzustellen. Zudem senken wir so unseren eigenen CO2-Footprint und reduzieren so die CO2-Intensität unserer Produkte - Wir nehmen die Klimawende ernst.“